Irmtraud Reimer-Mentner – Projektbericht

Irmtraud Reimer-Mentner ‒ Projektbericht

Das Projektseminar „Der Vergangenheit auf der Spur ‒ Biografische Skizzen von 10 Zeitzeugen des ehemals größten Kinderheims der DDR mit der Erzähltechnik ,Multimedia Storytelling‘“ im Wintersemester 2016/17 an der Humboldt-Universität zu Berlin lässt sich im Wesentlichen in vier konzeptionelle Phasen einteilen, die sich teilweise überschnitten haben: In der ersten Projektphase wurden unter der Leitung der beiden Dozentinnen Frau Grimm und Frau Vogelpohl zuerst Materialien über das Kinderheim A. S. Makarenko in der Königsheide, seine Entstehungsgeschichte und Hintergrundkenntnisse zur Geschichte von Heimen in der DDR und der BRD gesammelt und zur Verfügung gestellt und grundlegende Informationen für die Arbeit mit Zeitzeugen vermittelt. Auch eine Vorortbesichtigung am 27.10.2016 in der Königsheide wurde mit Frau Knüppel, der Vorsitzenden des Vereins Königsheider Eichhörnchen e. V., mit der Seminargruppe durchgeführt.

 
In der zweiten Phase wurden die Gruppen gebildet, die Themen ausgesucht und die jeweiligen Zeitzeugen ausgewählt, die wir dann beim ersten gemeinsamen Treffen am 01.12.2016 am Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft kennenlernen konnten. Hierbei ging es vorallem darum, das Projekt den Zeitzeugen gegenüber ausführlich darzustellen, die Seminargruppe vorzustellen, den Zeitplan zu erörtern und die Möglichkeit im Gespräch mit den Zeitzeugen eine erste Vertrauensbasis aufzubauen.

 
In der dritten Phase wurden die Interviews mit den jeweiligen Zeitzeugen auch technisch vorbereitet und durchgeführt, nachdem die Fragen zu den verschiedenen Themen erarbeitet waren und bereits vorhandenes und von den Zeitzeugen den Studierenden zur Verfügung gestellte Materialien wie z. B. Bilder aus der Kindheit und andere persönliche Erinnerungsstücke bearbeitet worden waren, die in der vierten Phase des Projektseminars multimedial für die Projektwebseite und die Abschlusspräsentation am 16.02.2017 am Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft für die Zeitzeugen aufbereitet wurden.

 
Neben den Veranstaltungen für die technische Umsetzung während der Projektarbeit wie u. a. die Einführungen in die Kameratechnik, in die Bildbearbeitung und die Schulung zusammen mit einem Angestellten des Computer- und Medienservices der Humboldt-Universität in der Videoschnitt-Technik mit dem Programm ‚Final Cut‘, wurden von den beiden Projektleiterinnen auch andere relevante Themen wie z. B. das Urheberrecht und die zu beachtenden Persönlichkeitsrechte als auch die Einpflege und Betreuung von Materialien in Content-Management-Systeme thematisiert.
Nach dem zweiten Treffen in einem Café in Berlin-Mitte Anfang 2017 mit den beiden Zeitzeuginnen Frau Hoffmann und Frau Reimer-Mentner, um über ihre Kindheit und ihre Zeit im Kinderheim in der Königsheide weiter vertiefend zu sprechen und um sich weiter kennenzulernen, wurden die Interviews am 14.01.2017 mit Frau Reimer-Mentner und am 18.01.2017 mit Frau Hoffmann durchgeführt. Dafür habe ich zwei geeignete Räume am Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft organisiert, was zum damaligen Zeitraum etwas schwierig gewesen war, da neben den anderen Forschungsprojekten am Institut auch die anderen Gruppen des Projektseminars Räume für die Durchführung der Interviews benötigten und die möglichen Termine mit den Zeitzeuginnen telefonisch abgesprochen. Gleichzeitig war es bei der Wahl der Räume auch wichtig, dass die Räume ruhig waren und für den Auf- und Abbau der Technik sowie für die Länge der Interviews ausreichende Zeit zur Verfügung stand, damit die Interviews ohne zusätzlichen Zeitdruck durchgeführt werden konnten.
Bei beiden Interviews hat es sich als sehr nützlich erwiesen, die zuvor vorbereiteten Interviewfragen z. T. auswenig gelernt zu haben, weil ich dadurch im Gespräch mit Frau Reimer-Mentner und mit Frau Hoffmann frei sprechen konnte ohne ständig auf die Karteikarten mit den Interviewfragen schauen zu müssen und im Gespräch auch spontaner reagieren konnte, um bei den Antworten weitere Details zu erfragen. Ziel der beiden je einstündigen Interviews war auch von den Zeitzeuginnen weitere Informationen zu alltäglichen Dingen zu gewinnen, die zu einen Gesamteindruck über den Alltag und die Zeit im Kinderheim A. S. Makarenko beitragen konnten.

 
Bei der Bearbeitung des Beitrages von Frau Reimer-Mentner zum Thema Wünsche & Träume habe ich zuerst ein Konzept entwickelt, bei dem es mir vor allem darum ging, Frau Reimer-Mentner selbst ihre Geschichte erzählen zu lassen und dieses als Zeitdokument festzuhalten. Dabei war mir für die multimediale Aufbereitung des Endbeitrages besonders wichtig, dass sie authentisch ist und dieses auch in den verschiedenen Medientypen wiedergespiegelt wird.

 
Bei der Bildbearbeitung mußte ich die Fotos, die zeitbedingt leichte bis mittlere Beschädigungen aufwiesen neben der Nachbearbeitung vor allem des Kontrastes, der Sättigung und der Tiefenschärfe diese auch mit verschiedenen Werkzeugen wie z. B. dem Stempel bearbeiten und teilweise fehlende Bildinformationen infolge der Beschädigungen durch Farbauffüllung ausbessern.

 
Der Endschnitt des Videos war besonders davon bestimmt, das informativ reichhaltige Interviewmaterial zuerst zu sichten und in Sequenzen zu unterteilen, die sich in das Gesamtkonzept der angewendeten narrativen und technischen Mittel einfügt. Hierbei war zusätzlich beim Schnitt besonders zu berücksichtigen, dass die Inhalte der einzelnen Interviewparts mit Frau Reimer-Mentner nicht aus ihrem Kontext gerissen und andersartig wiedergegeben werden, um die Zeitzeugin authentisch in dem Zeitdokument festzuhalten und verantwortungsbewußt mit dem Inhalt umzugehen. Gleichzeitig sollten die eingeblendeten Interviewfragen ganz schlicht gehalten sein, um wenig von der Zeitzeugin und ihrer Geschichte abzulenken.

 

 

Fazit
Das Projektseminar hat auf eine sehr anschauliche Art und Weise gezeigt, mit wie viel Sorgfalt man an die Zusammenarbeit mit Zeitzeugen herangehen sollte, um ihre Lebensgeschichten und Erinnerungen in einer adäquaten Weise darstellen zu können und als zeitgeschichtliches Dokument festzuhalten. Neben den narrativen Mitteln war hierbei vor allem ein auf die jeweiligen Einzelbiografie zu tragendes Gesamtkonzept zu entwickeln und mit den verschiedenen technischen Mitteln multimedial umzusetzen.

 
Gleichzeitig war besonders zu berücksichtigen, dass man mit der nötigen Empathie ‒ bei gleichzeitiger Wahrung einer kritischen Distanz ‒ in die Zusammenarbeit mit Zeitzeugen hineingeht und seine eigene Sicht auf z. B. historische Ereignisse stets kritisch hinterfragt, um nicht mit einer (zu) voreingenommenen Haltung an ein bestimmtes Thema heranzugehen.
An der Zusammenarbeit mit Frau Reimer-Mentner und Frau Hoffmann hat mir besonders gefallen, dass sie von Anfang an sehr gut war und freundschaftlich ablief und sich im Laufe des Projektseminars weiter vertieft hatte. Zusätzlich hat mich erfreut, dass beide Zeitzeuginnen auch wegen der teilweise nicht schönen Erlebnisse in ihrer Kindheit, bereit waren, sich in diesem Projekt ‚Fremden‘ gegenüber zu öffnen und anzuvertrauen.

Bernard Raić